Test Review: Root Longboards Moby Dick

  • Boardmag
  • 23.09.2017

Der weiße Hai galt lange Zeit als ein gefräßiges und gefährliches Raubtier. Die Filmreihe sorgte für Furore und verbreitete Angst und Schrecken bei alleiniger Nennung des Namens in der breiten Bevölkerung. Doch schon lange vor diesen Filmen gab es ein weißes Wesen, welches die Meere unsicher machte und das Ziel eines Mannes war, welcher sein ganzes Leben der Jagd auf das Biest und damit der Rache widmete. Die Rede ist von Moby Dick.

Im Jahre 2016 wurde die Geschichte neu geschrieben, als ein Hersteller von Downhill und Freeride Longboards sich an die Veröffentlichung des ersten, reinrassigen Dancers aus ihrem Hause in Kooperation mit Peter „Ahab“ Markgraf wagten. Peter hat dieses Wesen gebändigt und seinem Willen unterworfen, den Traum des aus den Büchern bekannten Kapitäns verwirklicht. Doch wird es auch mir in diesem Test gelingen?

Technische Daten:

  • Länge 110cm vom Kopf bis zur Schwanzspitze

  • 23,5cm Breite

  • Wheelbase von 65-70cm

  • Gewicht 1900g (ohne Griptape)

  • Flex dämpfend bis stiff

  • Concave flach

  • Konstruktion

  • Bambus-Esche-Aufbau

  • Fiberglas und Kohlefaser verstärkt

  • Flared Wheelwells

  • 2,5mm Microdrop

  • 1,5mm Rocker

  • Abgerundete Kanten

Erster Eindruck:

Die erste Überraschung empfängt einen bereits, wenn man das Brett aus dem Karton holt: Die Unterseite wurde mit einer Art Textil oder groben Glasfaser laminiert, welches zwar die Grafik durchscheinen lässt, aber die Griffigkeit des Boards um Längen verbessert! Was andere Boards auf der Oberseite haben, um weniger Griptape zu benötigen, bietet hier wohl nun die Möglichkeit bei Casper-Kombinationen und Grab-Tricks einen besseren Halt zu finden. Begrippt kommt das Board mit dem hauseigenen Brainfucker Standard Grip, welches einen soliden und griffigen Eindruck macht. Das Board als solches ist das bisher am edelsten wirkende, welches den Einzug in die gemeinsame Wohnung von meiner Freundin und mir geschafft hat. So wie es scheint, ist es eine gute Ergänzung des Wandschmucks, denn es wurde nichts gegen ein weiteres Board im Hausflur gesagt.

Kurz mit meinen vorhanden Achsen und Rollen herumprobiert, empfinde ich meine Gullwing Standard auf der mittleren Wheelbase in geflipptem Zustand mit bereits gut heruntergefahrenen Powell Peralta G-slides (Review kann man hier im Boardmag nachlesen) als eine gute Wahl. Peter Markgraf hat das Shape mit entwickelt, um die Kluft zwischen Skateboarding und Longboarding zu überbrücken, schmale und/oder kleine Rollen mit grindbaren RKP sind in meinen Augen daher eine berechtigte Wahl. Ich empfehle aber auf jeden Fall, dünne Shockpads, die die Höhenunterschiede, welche durch den Microdrop und den Kickbeginn entstehen, ausgleichen können. Da die Gullwing recht hoch aufbauen, ist die Wahl der mittlerweile auf 55mm heruntergefahrenen G-Slides optimal. Wer flachere Achsen wie z.B. Caliber gerne fährt, kann hier auch auf größere Rollen umsteigen. Probleme mit Wheelbites bekommt man dank der Flares nicht so schnell.

Bereits beim Draufstellen wird klar, dass dieses Board von einem Hersteller hochklassiger Downhillboards kommt: Das als „flach“ verkaufte Concave wirkt im ersten Moment auch so, ist aber definiert und spürbar über die Standfläche vorhanden. Die Flares lassen leicht erkennen, wo man mit seinen Füßen steht, ohne aufdringlich zu sein. In mir baut sich jetzt direkt beim Draufstellen das Bedürfnis auf, das Ding auch quer zu stellen. Die steilen Kicks zeigen direkt, wo die Reise hingehen wird, auf Kurz oder Lang muss das Gerät in den Skatepark. Meine erste Ausfahrt führte jedoch direkt an den Hafen, wo sich das Moby wohl am wohlsten fühlt.

Freestyling und Dancing:

Schnell merke ich, dass dieses Ding auch schnell bewegt werden will! Die entsprechend kürzere Wheelbase, bei der Größe des Boards, verlangt schon etwas schnellere Schrittfolgen ab, welche jedoch ohne Probleme und ohne ein Hinsehen geschehen können. Die Flares bieten einerseits eine gute Orientierung, andererseits sind sie auch etwas störend bei Tricks wie dem Hang-Ten-Nosemanual, unterstützen gleichzeitig auch andere Tricks, die ein Einlocken des Fußes über der Achse voraussetzen. Man muss sich trotz allem bewusst machen, dass aufgrund der Stiffness das Board auf jede Bewegung härter reagiert, als ein flexibleres Board. Entsprechend sollte man trotz des Verlangens nach Geschwindigkeit lieber langsam anfangen.

An die Kicks muss man sich ebenfalls erst gewöhnen, denn sie sind steiler als bei anderen Dancern, trotz derselben Länge. Der Pop ist dafür phänomenal und lässt einen gute Höhen bei Ollies etc. erreichen. Für meinen geliebten Aero-Flip hingegen, muss ich mich etwas umdisponieren, da die Druckpunkte durch die steilere Kick minimal anders liegen, als ich es gewöhnt bin. Aber prinzipiell macht dieses Ding hart Spaß beim Dancen und beim Freestylen, gerade auch weil durch das geringe Gewicht das Board ordentlich herumgewirbelt werden kann. Besonders Tricks aus dem Street-Skaten laufen wie von Geisterhand, der Spagat zwischen Longboarding und Skateboarding ist meiner Meinung nach hier sehr gut gelungen!

Apropos Skateboarding: Drop-Ins und Grinds sowie Boardslides sind problemlos möglich und eröffnen für viele eine neue Tür in die Bereiche des Skatens, die vielleicht zuvor noch geschlossen schienen. Ich für meinen Teil mag längere Bretter im Park und habe auch dort Unmengen an Spaß mit dem weißen Wal, lediglich Boardslides sind was Besonderes, da sich die strukturierte Unterseite etwas anders anfühlt als gewöhnliche Boardslides mit reiner Holzunterseite. Die strukturierte Unterseite gibt jedoch fantastischen halt beim Grabben und auch die Grabtricks sowie die Fingerflips scheinen mir ungemein erleichtert.

Haltbarkeit:

Die erste Schwachstelle, die ich im Voraus vermutet habe, waren die Flares. Bei anderen Brettern sind diese schnell am Leiden und nehmen immensen Schaden, doch hier ist aufgrund der Stiffness und dem Kick-Winkel bei einer Dachlandung die Kick das Erste, was auf dem Boden aufkommt.

In Bezug auf Abrieb und generelle Haltbarkeit der Konstruktion sehe ich das Moby Dick im Mittelfeld angesiedelt. Man merkt nach einigen Wochen schon einen Abrieb auf beiden Seiten, auch durch die Casper-Kombinationen in meinen Lines auf der Oberseite der Kicks, aber tendenziell hält sich dieser in Grenzen. Positiv ist, dass die Kanten nicht zu bröseln beginnen, die Verleimung und das Holz scheinen top zu sein, nur kleinere, harte Fasern stehen an manchen Ecken ab und können etwas piksen, wenn man nicht regelmäßig ein wenig an den Kanten entlang geht bei der Pflege des Boards. Einen kleineren Chip konnte ich auch vernehmen bei einer wirklich doofen Landung auf der Kick, aber dank der strukturierten Unterseite war dieser problemlos zu flicken und fledderte auf dem Heimweg nicht wild herum. Auch knabbert rauer Asphalt schon stark an den Kicks, was auch durch ein recht weiches Holz bedingt sein kann. Positiv daran ist, dass ein Großteil der Energie absorbiert wird und einem nicht das halbe Board in Stücken um die Ohren fliegt.

Es ist auf jeden Fall robust gegenüber Einschlägen und kann gleichzeitig einfach instand gehalten werden. Ich empfehle regelmäßig an den Kanten mit feinem Schmirgelpapier entlangzugehen und dadurch die feinen Holzfasern, die abstehen könnten, zu entfernen.

Cruising

Je nach Setup ist auf jeden Fall eine längere Strecke möglich, doch durch die Stiffness kommen Unebenheiten im Boden schon merklich im Fuß an. Dank der eher einem Skateboard ähnelnden Kicks sind Bordsteinkanten kein Problem und die Fahrt kann ununterbrochen weitergeführt werden. Durch die steife Bauweise birgt das Board jedoch den Vorteil, dass man kurze bis mittlere Strecken bei richtiger Bushing-Kombination auch mal pumpen kann. Eine Rollrunde mit dem Ding wurde durchgepumpt, nach dem Schwung holen durch Pushen konnte ich Kilometerweit nahezu mühelos mit den 48° und geflippten Achsen auf meinen Sliderollen gemütlich pumpen. Man muss dem Board zugutehalten, dass genannte Nachteile eigentlich nur Kompromisse sind, die andere Vorteile bedingen. Für Rollrunden oder einfaches Cruisen zwischendurch kann man das Geschoss auf jeden Fall empfehlen, wir haben hier immerhin einen Dancer mit Allroundfähigkeiten!

Sliden:

Ja, genau. Sliden! Wie bereits zuvor erwähnt sind die Flares, das Concave und die Stiffness prädestiniert dafür um mit diesem Ding auch ein wenig herumzurutschen! An meinem kleinen Hügel, den ich gerne für solcherlei missbrauche, habe ich ohne eine Änderung am Setup eine Menge Spaß. Man kann die Slides nicht nur problemlos initiieren, sondern auch ohne großen Aufwand halten. Neben den 180-Standupslides sind auch länger gehaltene Checks und 360-Standupslides möglich.Meines Erachtens nach merkt man ziemlich in dieser Umgebung, dass Root hier (Vorsicht, Wortspiel!) ihre Wurzeln mit reinspielen lassen. Das gibt dem Board auf jeden Fall einen einzigartigen Charakter und macht höllisch Spaß!

Fazit:

Das Moby Dick ist eine tolle Ergänzung für jeden Boardbestand. Es ist auf sehr vielen verschiedenen Gebieten einsetzbar und kann dort auch auf einzigartiger Art und Weise glänzen. Es macht dem Namen alle Ehre, denn es ist zäh, für die Größe vergleichsweise flink und es kann auch nach oben geschossen kommen, um zum Angriff überzugehen!

Man muss sich jedoch bewusst machen, dass das Board aufgrund der Stiffness als reiner Dancer nicht die beste Wahl ist, aber dankeben dieser stiffen Bauweise hartes Freestyling und vielleicht auch Freeriding weitere Ergänzungen sind, die das Board zu einem vielseitigen Begleiter machen. Als Ergänzung zu einem bestehenden Quiver ist es Gold wert, oder aber als Lösung für all jene, welche sich nicht ganz von der Geschwindigkeit lösen können und trotzdem was zum Dancen unter den Füßen haben wollen. Für mich ist es ein Board, welches als Dancer gut funktioniert und sich grade bei Fahrten mit anderen Leuten bewährt hat, da man sehr flexibel ist, was verschiedene Fahrweisen angeht. Selbst im Park lässt sich dieses Board gut bewegen, lediglich sollte man sich bei Boardslides an ein etwas anderes Gefühl gewöhnen.

Anfängern lege ich dieses Board nicht unbedingt ans Herz, da es schon recht speziell ist, obwohl es Anleihen eines Allrounders besitzt. Man sollte schon wissen, dass man sich hier auf eine kompromisslose Maschine einlässt.

Davon mal abgesehen musste ich meinen Rasierapparat zum Heißlaufen zwingen durch den verstärkten Bartwuchs und habe scheinbar die ersten, kleinen Wale im Hafenbecken heraufbeschwört. Hier wird auf jeden Fall nicht zu viel versprochen, aber aufgrund meiner doch eher friedsamen Natur gibt es kein Review über die neuste Harpunen-Technologie zur Waljagd. Es wurden im Rahmen dieses Reviews keine Tiere verletzt oder Bärte misshandelt.

 

 

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